Zur Namensgebung unserer Schule

Wir schreiben ungefähr das Jahr 1950. Vor etwa fünf Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Wie alle westdeutschen Klein- und Mittelstädte platzt auch Volkmarsen aus allen Nähten. Viele Menschen aus den ausgebombten Großstädten und vor allem aus Pommern, Ostpreußen, Schlesien und dem Sudetenland wohnen jetzt hier. Deren Dialekte sind nun auf den Straßen zu hören. Die „alten Volkmarser“ sind in der Minderheit. Waren es vor dem Krieg gut 2000 Einwohner, so leben jetzt hier mehr als 5000 Menschen. Aber nicht nur in den Wohnungen ist man zusammengerückt, auch in der Schule am Mönchepfuhl stehen die Bänke enger. Einige Klassen sind sogar ausgelagert, z. B. in das evangelische Pfarrhaus. Ein neues Schulhaus muss her!

 

In dieser Situation beschließt die Stadt ein neues Schulgebäude am Stadtbruch, nahe der Pfortenmühle, wo noch einige Gärten sind, zu errichten. Viele Einheimische schütteln den Kopf, wissen sie doch, dass unter der dünnen Erdschicht noch immer Sumpf ist.

 

Doch, Beschluss ist Beschluss! Die neue Schule wird gebaut. Hunderte von Eichenpfählen werden in den Boden gerammt (damals noch von Hand – eine üble Quälerei). Die Wellenlinien auf unserem Bild geben davon Zeugnis.

 

Im Januar 1955 wird das Gebäude bezogen. Viele Lehrer, aber auch viele Eltern der Schüler wirken auf die Einheimischen wegen ihrer Sprache noch immer wie „Exoten“. Sie stammen aus dem Osten Deutschlands. Auch heute haben wir wieder Schüler, die selbst, oder deren Eltern aus fernen, oft exotischen Ländern stammen. Dafür stehen die Tulpen am linken Bildrand. Diese Blumen haben ihre Heimat im Orient. Aber nicht nur die Blumen, auch ein großer Teil unseres Wissens, unserer Kultur stammen von dort. Griechen und Römer brachten sie zu uns.

 

Darüber stehen Sonne und Mond. Sie ermöglichen erst das Leben auf unserem Planeten. Zudem sind sie alte Göttersymbole. Wir werden daran erinnert, dass nicht wir uns unsere Erde der Mittelpunkt unserer Welt sind. Der Kreis der Sonne ist zudem ein Symbol für Vollkommenheit, die wir zwar anstreben, aber nicht erreichen können.

 

Noch einmal zurück in die fünfziger Jahre: Morgens gegen sieben Uhr läuten als erstes die Kirchenglocken. Türen und Verschläge gehen auf. Die Gassen der Altstadt füllen sich mit Unmassen weißer Gänsen, die teils watschelnd, teils fliegend dem Stadtbruch, ihrer Gänsewiese zustreben. Die Fläche zwischen dem neuen Schulgebäude und der Twiste ist weiß gefärbt und von ihrem Geschnatter erfüllt. Ihnen folgen aus dem Krankenhaus, dem Kindergarten und dem Altersheim (heute St. Hedwig) die Nonnen, die sich auf ihren Weg zur Messe machen. Heute sind es die Grundschüler, für die dieser Weg der Schulweg ist. Sie sind auf dem Bild durch die Gänse vertreten.

 

Mindestens zweimal im Jahr steht der Keller des Schulgebäudes unter Wasser. Wir wissen ja, die Schule steht im Sumpf. Das ist einer der Gründe, warum im Jahre 1972 eine neue Schule am Bevelter Berg bezogen wird. Für einige Zeit steht das Gebäude nun leer, bis die belgischen Garnisonen in Arolsen, Brakel und Essentho eine Unterkunft für ihre Mittelschule suchen. Die Stadt kann das Gebäude nun an diese vermieten. Davon spricht der lächelnde Löwe, das belgische Wappentier im Bild.

 

Einen großen Teil des Raumes nimmt die Figur mit der Flöte ein. Sie scheint den frechen Gänschen die „Flötentöne“ beizubringen. Wir werden erinnert an den griechischen Hirtengott Pan. Dieser steht für die Lehrer, die die ihnen anvertrauten Kinder unterrichten und führen sollen, aber auch für die Freude und den Spaß, den das Lernen vermitteln soll.

 

Nach dem Abzug der belgischen Soldaten im Jahre 1985 ziehen wieder deutsche Schüler in das Haus ein. Es sind Grundschüler der Kugelsburgschule. Nach und nach füllen sich die Räume wieder, denn die neue Schule am Bevelter Berg ist bereits zu klein geworden. Schon seit langem gibt es eine Diskussion um den Standort der neuen Grundschule. Endlich im Jahre 2003 wird mit der Renovierung der Schule am Stadtbruch begonnen. Diese ist im Jahre 2005 beendet. Die Grundschule ist nun eine selbständige Schule.

 

Schulelternbeirat und die Gesamtkonferenz der Lehrer an der Grundschule in Volkmarsen sprechen sich mit großer Mehrheit für den Namen „Grundschule Villa R“ aus. auch die Schulkonferenz hat dieser Namensgebung zugestimmt.

 

Begründung: Paul Klee war ein Maler der bekanntesten deutschen, aber auch international besetzten Malergruppe „Der blaue Reiter“. Sein inzwischen berühmtes Gemälde mit dem Titel „Villa R“ hat zu dieser Namensgebung angeregt. Das R steht für Realität. Der Maler möchte damit zum Ausdruck bringen, dass das äußere Abbild eines Gegenstandes oder eines Menschen die innere Wirklichkeit darstellen soll. Für unsere Schule, inzwischen eine Villa unter den Schulen, heißt das, dass das Lernen in seiner bunten Vielfalt und Fröhlichkeit bereits im Namen seinen Ausdruck finden soll. Schon sehr früh in seiner Entwicklung knüpft das Kind eine konkrete Beziehung zu seiner nächsten Umgebung, dem Haus. Es vermittelt neben den Eltern Schutz, Geborgenheit und ist zugleich der Raum für erste Lernerfahrungen. Das gilt auch für unser Haus, die Villa unserer Kinder, die so fröhlich und bunt im Inneren sein soll, wie sie von außen ist. So farbenfroh und lebendig - wie das Bild – soll auch das Leben in unserer Schule sein.

 

Diesem Namenswunsch entsprechen sowohl die städtischen Gremien als auch der Landkreis und die Schulbehörde. Der offizielle Name ist nun:

 

„Grundschule Villa R in Volkmarsen“.

 

Die schematische Darstellung des von Klee gemalten Gebäudes und der Buchstabe „R“ auf unserem Bild sprechen davon.


 

Villa R

(Paul Klee, 1919)

 


Grundschule Villa R, Schulstraße 2, 34471 Volkmarsen, Tel: (05693)7507

(05693)7507